Pfarrer Holger Banse sagt adé

 

 

Nach sechsundeinhalb Jahren verabschiedete sich Pfarrer Holger Banse von der Evangelischen Kirchengemeinde Adenau. Offiziell endet seine Tätigkeit am 30. April. Kirchenvertreter aus dem Kirchenkreis Koblenz und Besucher aus den Orten der Evangelischen Kirchengemeinde Adenau, Pfarrer Thomas Hertel, der in der Adenauer Gemeinde eine Teilstelle als Pfarrer innehat, Pfarrer i.R. Klaus Neufang aus Bad Neuenahr-Ahrweiler, Initiator der Flüchtlingshilfe und Pfarrer Dr. Wilfried Glabach, Skriba im Kirchenkreis Koblenz, die Prädikantin Uschi Kunert sowie Bürgermeister der Orte der Kirchengemeinde fanden sich zum Abschiedsgottesdienst Gottesdienst ein, fast schien die Erlöserkirche zu klein um alle Personen aufzunehmen.

 

Pfarrer Banse begrüßte die Gäste, unter ihnen waren seine Brüder Frank und Peter, Schwester Elke und Tochter Valerie. Herzlich begrüßt wurden auch die aktuellen Konfirmanden.

 

Aus dem Kirchenkreis Koblenz kam Superintendent Rolf Stahl zur Entpflichtung des Geistlichen, für die Katholische Pfarrgemeinde Adenauer Land sprach später Gemeindereferent Matthias Beer. Auch Dechant Pfarrer Klaus Kohnz aus der Pfarrgemeinde Müllenbach/Nürburg sprach Grußworte. Repräsentanten der kommunalen Familie verabschiedeten Holger Banse, so Verbandsbürgermeister Guido Nisius, sein Kollege Johannes Saxler von der VG Kelberg, für die VG Altenahr war der Beigeordnete Ewald Grohs anwesend, Stadtbürgermeister Arnold Hoffmann dankte für viele Jahre erfolgreicher Arbeit als Seelsorger.

 

Pfarrer Banse kann auf gesamt 35 Dienstjahre zurückblicken. Er ist im Jahre 1953 in Koblenz geboren, er trat die Pfarrstelle in der Evangelischen Kirchengemeinde Adenau zum 1. November 2012 an. Es ist die Kirchengemeinde, die ihm bereits aus Jahren 1982 bis 1987 bekannt war, gerne war er auf eigenen Wunsch nach Adenau zurückgekehrt. Nach zwischenzeitlicher Tätigkeit in Mailand an der Chiesa Christiana Protestante di Milano übernahm er in der Folge das Amt des Pfarrers in der Kirchengemeinde in Hamm/Sieg, bevor er zum zweiten Mal in Adenau tätig wurde.

 

Die Zahl der Evangelischen in Adenau hatte seit seiner ersten Pfarrerszeit bis heute deutlich zugenommen, in einer der flächenmäßig größten evangelischen Gemeinden im Land Rheinland-Pfalz sind inzwischen rund 2.600 evangelische Christen in einem weitläufigen Gebiet beheimatet, auf einer Fläche von rund 560 qkm, in etwa 140 Orten. Die Evangelische Kirchengemeinde Adenau besteht im Wesentlichen aus dem früheren Altkreis Adenau, der Anteil evangelischer Christen macht rund 9 % aus. Neben der Erlöserkirche in Adenau gibt es die Auferstehungskapelle in Ahrbrück, die Gnadenkirche in Kelberg und die so genannte Kirchenscheune in Kempenich, auch hier finden in den Gotteshäusern regelmäßig Gottesdienste und Veranstaltungen statt.

 

Pfarrer Banse kümmerte sich um den guten Erhalt der baulichen Substanz der Gotteshäuser. Sein Wirken galt dem Aufbau der Gemeinde, er besaß die Gabe die Gemeindemitglieder zu motivieren, konnte damit das Gemeindeleben aktivieren. Organisatorisch besonders begabt schaffte Holger Banse zielgerichtete und konstruktive Arbeitsgrundlagen für die Sitzungen des Presbyteriums, dessen Vorsitzender er war. Die Kirche in Adenau wurde in den Mittelpunkt gerückt. Der Haushalt steht auf einem soliden Fundament, so das Resümee im „Ruf“, dem Kirchenblatt der Evangelischen Kirchengemeinde Adenau. Holger Banse pflegte die ökumenische Zusammenarbeit mit katholischen Gemeinden, Schulgottesdienste, Schulabschlussgottesdienste gehörten dazu. In Erinnerung gerufen wurden die jährlich regelmäßig stattfindenden ökumenischen Kreuzwegandachten, die er gemeinsam mit Pfarrer Klaus Kohnz in der Müllenbacher Pfarrkirche hielt. Dort sprach Holger Banse über Themen wie das Leben und Wirken Martin Luthers, über dessen Ehefrau Katharina von Bora, über die Reformation, über die Zukunft der Kirche. In Müllenbach blickte Holger Banse vor wenigen Wochen in einem Vortrag auf seine jahrzehntelange Arbeit als Pfarrer zurück, „Von der Freude Pfarrer zu sein …“.

 

In der praktischen Zusammenarbeit der christlichen Kirchen sieht Holger Banse eine Perspektive, weshalb sollte nicht ein evangelischer Geistlicher in einer katholischen Kirche den Gottesdienst halten oder umgekehrt?

 

Mehrfach schaffte der Kultur- und Musikliebhaber es, hochkarätige Musikveranstaltungen in die Erlöserkirche zu bringen. Besondere Aufmerksamkeit widmete er der Notfallseelsorge der Evangelischen Kirchengemeinde Adenau, deren Wirken u.a. am Nürburgring.

 

Und auch die gemeindliche Seelsorge war ihm stets wichtig, Gespräche mit Menschen in schwierigen Situationen, bei Trauerfällen, bei besonderen Anlässen führte er mit hoher Sensibilität, er vermochte zuzuhören, nahm Gefühle der Betroffenen ernst, gewann das Vertrauen seiner Gegenüber.

 

Aus der Pfarrerszeit in Hamm/Sieg stammt das Engagement für die christlich-jüdische Zusammenarbeit. Pfarrer Banse war stets intensiv am christlich-jüdischen Dialog interessiert. Dies zeigte sich etwa in seinem Buch „Gabriele Grünebaum: Mein Leben nach Auschwitz – Erinnerungen von Rachel Grünebaum, Köln 2014“. Zu diesem Buch hat Holger Banse mehrfach in Lesungen exemplarisch auf ein jüdisches Schicksal im Dritten Reich hingewiesen, hat den Dialog zu dem schwierigen Kapitel der deutschen Geschichte immer wieder angestoßen und offen geführt. Der literarisch sehr talentierte Pfarrer hat mehrere Bücher veröffentlicht, so auch eine Betrachtung über Martin Buber, Franz Rosenzweig und Leo Baeck, 2014. Auf reges Interesse stieß sein Werk „Aus dem Schatten ins Licht: Briefe von Namenlosen und Liebenden aus der Bibel, die nie geschrieben wurden“, 2017, auch weitere.

 

Holger Banse war ein Pfarrer, der im Leben stand, unvergessen wird die Kirchenwette bleiben, mit der er im Reformationsjahr 95 historische Fahrzeuge, bezugnehmend auf die 95 Thesen Luthers, nach Adenau holen wollte. Er verlor die Wette und löste seine Wettschuld beim Anlassen am Nürburgring ein. Als Luther verkleidet sang er vor Tausenden Bikern das Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“, den historischen Choral mit Luthers Text, der sich zum bekanntesten Reformationslied entwickelt hat.

 

Der Pfarrer war politisch und kulturell sehr interessiert, ruhig, im Gespräch aufmerksam. Wer ihn kannte, schätzte seine gelegentlich humorvolle Ironie. Seine Hobbies sind das Segeln und italienische Lebensart, seine italienischen Speisen sind manch einem als Gaumenfreude in Erinnerung geblieben. Abschiedsgeschenke bezogen sich auf die Hobbies. In mehren Grußworten gingen Gäste auf das Wirken von Holger Banse ein. Allen gemeinsam war die Betonung der sachlichen und konstruktiven Zusammenarbeit, die stets als sehr angenehm empfunden worden war. Von einer „sehr angenehmen unkomplizierten Art“ sprach Pfarrer Hertel. Es zeuge von Größe, dass er auch Menschen mit Freundlichkeit begegnen konnte, die es ihm manchmal nicht leicht gemacht haben.

 

Pfarrer Holger Banse dankte abschließend für den sehr herzlichen Abschied, für die freundschaftlichen Worte so vieler Menschen, für das gehaltvolle Festprogramm zu seinem Abschied, der durchaus ein wenig emotional ausfiel. Er dankte für die originellen Ideen der Abschiedsgeschenke, für einen humorvollen Sketch, den Presbyteriumsmitglieder vortrugen. Er war dem Umzug nach Berlin gewidmet, nahm Bezug mögliche Kapriolen, die den Pfarrer im Ruhestand dort erwarten wird. Sein Dank galt ehemaligen wie aktuellen Mitarbeiterinnen und dem langjährigen Organisten Johannes Hilberath. Selbst Musikbegeistert, überraschte Pfarrer Banse die Gottesdienstbesucher zum Ende mit Liedern zu eigener Gitarrenbegleitung, Lieder mit frohem Mut, die allen den Abschied ein wenig erleichtern sollten.

 

„Ich wünsche der Gemeinde alles Gute für die Zukunft, Stärke im Glauben und Zusammenhalt innerhalb der Gemeinde“, verabschiedete sich der Pfarrer. Er dankte dem Presbyterium für die jahrelange menschlich angenehme und sachlich konstruktive Zusammenarbeit. Pfarrer Banse wird seinen Lebensschwerpunkt jahreszeitlich abhängig teils in Berlin, teils, als begeisterter Segler, an der Ostsee verbringen.

 

Vor zwei Tagen hatte Holger Banse noch die traurige Pflicht als eine seiner letzten Amtshandlungen in Adenau den plötzlich verstorbenen Prädikanten Karl-August Roß zu begraben, einen Weggefährten, der in seiner einmaligen Art die Evangelische Kirchengemeinde Adenau mitgeprägt hat. In seiner Predigt verstand Holger Banse es das Besondere des Menschen und des Prädikanten Roß einfühlsam und trefflich wiederzugeben.

 

Pfarrerin Claudia Rössling-Marenbach ist Nachfolgerin, sie nimmt ihr Amt zum 1. Mai auf, Holger Banse gratulierte herzlich, hieß sie willkommen und wünschte einen guten Start und viel Erfolg in der neuen Heimat.

 

Pfarrer Holger Banse hat Akzente gesetzt, sein Wirken hat die Evangelische Kirchengemeinde Adenau geprägt, hat die evangelischen Christen einander nahe gebracht, die Gemeinde im gesellschaftlichen Bewusstsein und Leben der Region gestärkt. Jetzt heißt es sich neu zu orientieren, vieles wird bleiben, manches mag sich ändern. Eines wurde jedenfalls deutlich: Pfarrer Holger Banse wird bei Besuchen in Adenau stets herzlich willkommen sein! dre.